
Wie hoch wird meine Rente später ausfallen? Welche Ansprüche habe ich aus der gesetzlichen, betrieblichen oder privaten Altersvorsorge? Und wie sieht mein Gesamtanspruch aus, wenn ich alle Bausteine zusammenrechne? Wer sich diese Fragen stellt, stand bislang oft vor einem bürokratischen Dschungel: Renteninformationen der Deutschen Rentenversicherung kamen per Post, Betriebsrenten waren im Personalbüro anzufragen und private Vorsorgeprodukte wie Riester-Renten oder Lebensversicherungen mussten bei jeder Gesellschaft einzeln abgefragt werden. Ein übergreifender Überblick fehlte.
Doch seit Ende 2023 hat sich einiges geändert. Mit der Digitalen Rentenübersicht, einem Projekt unter der Leitung der Deutschen Rentenversicherung, gibt es nun erstmals eine zentrale Online-Plattform, auf der Bürgerinnen und Bürger ihre verschiedenen Rentenansprüche gebündelt einsehen können. Das Ziel: Mehr Transparenz und frühzeitige Planungssicherheit für den Ruhestand.
Hintergrund und gesetzliche Grundlage
Die Grundlage für die Digitale Rentenübersicht wurde mit dem Rentenübersichtsgesetz (RentÜG) im Jahr 2021 geschaffen. Damit reagierte der Gesetzgeber auf die wachsende Komplexität in der Altersvorsorge – insbesondere durch die zunehmende Bedeutung betrieblicher und privater Vorsorgeformen neben der gesetzlichen Rente.
Zuständig für Aufbau und Betrieb ist die Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht (ZfDR), die bei der Deutschen Rentenversicherung Bund angesiedelt ist. Sie betreibt die Plattform www.rentenuebersicht.de und stellt sicher, dass teilnehmende Vorsorgeeinrichtungen ihre Daten standardisiert und datenschutzkonform zur Verfügung stellen.
Ziel ist es, die Rentenansprüche übersichtlich, verständlich und vergleichbar darzustellen – egal, ob sie aus der gesetzlichen Rente, einer Betriebsrente oder einer privaten Lebensversicherung stammen. Die Digitale Rentenübersicht soll so ein zentrales Instrument für die private Altersvorsorgeplanung werden.
Funktionsweise der Digitalen Rentenübersicht
Die Nutzung der Plattform ist freiwillig, kostenlos und für alle Personen mit Wohnsitz in Deutschland zugänglich, die mindestens 18 Jahre alt sind. Wer die Digitale Rentenübersicht nutzen möchte, braucht:
- einen elektronischen Personalausweis mit aktivierter Online-Ausweisfunktion oder eine andere zertifizierte eID-Lösung,
- die eigene Steuer-Identifikationsnummer,
- ein Endgerät mit Internetzugang.
Nach dem Login über www.rentenuebersicht.de wird eine Anfrage an die angeschlossenen Vorsorgeeinrichtungen gestellt. Diese haben dann einige Tage Zeit, die gespeicherten Informationen zur Verfügung zu stellen. Der Abruf ist nicht in Echtzeit, sondern erfolgt nach dem „Pull“-Prinzip: Die ZfDR zieht die Daten ab, sobald der Nutzer es anfordert.
Die Darstellung ist bewusst einfach gehalten: Die Ansprüche werden grafisch aufbereitet und nach Vorsorgeart gegliedert – also beispielsweise gesetzliche Rente, betriebliche Altersversorgung und private Altersvorsorge. Nutzer sehen, wie hoch die jeweiligen Renten bei Rentenbeginn ausfallen könnten, ob es sich um eine monatliche lebenslange Rente oder um eine einmalige Kapitalauszahlung handelt und welche Anbieter dahinterstehen.
Vorteile für die Nutzer
Der wohl größte Vorteil der Digitalen Rentenübersicht liegt auf der Hand: Transparenz. Wer früher auf eine Vielzahl unübersichtlicher Papierbescheide angewiesen war, erhält nun eine konsolidierte Übersicht. Das erleichtert die Beantwortung grundlegender Fragen zur Altersvorsorge:
- Wie hoch ist meine voraussichtliche monatliche Rente?
- Gibt es Lücken in meiner Vorsorge?
- Welche Ansprüche habe ich aus älteren Versicherungsverträgen, die ich fast vergessen hätte?
Ein weiterer Pluspunkt ist die Möglichkeit zur frühzeitigen Vorsorgeplanung. Wer etwa erkennt, dass die bestehende Vorsorge nicht ausreicht, kann rechtzeitig handeln – etwa durch zusätzliche private Vorsorge, Wechsel des Versorgungsträgers oder Gespräche mit dem Arbeitgeber über betriebliche Angebote.
Zudem punktet die Plattform mit Benutzerfreundlichkeit. Die Informationen werden in einem standardisierten Format bereitgestellt, sodass keine Fachkenntnisse notwendig sind. Auch für Laien ist erkennbar, wie sich einzelne Rentenbausteine auf die gesamte Versorgung auswirken.
Aktueller Stand und Beteiligung der Vorsorgeeinrichtungen
Seit Anfang 2023 läuft die Digitale Rentenübersicht im offiziellen Regelbetrieb, nachdem sie zuvor mehrere Jahre im Pilotmodus getestet worden war. Seit dem 1. Januar 2025 gilt die gesetzliche Pflicht: Alle Vorsorgeeinrichtungen mit mehr als 1.000 gespeicherten Altersvorsorgeansprüchen müssen angebunden sein.
Dazu zählen unter anderem:
- Die gesetzliche Rentenversicherung,
- große Anbieter betrieblicher Altersversorgung wie MetallRente, Allianz, Zurich,
- Versicherer privater Altersvorsorge wie Alte Leipziger, R+V, Nürnberger, Union Invest.
Je nach Einrichtung kann es jedoch sein, dass noch nicht alle Daten sofort abrufbar sind. Die Anbindung erfolgt schrittweise – Ziel ist es, bis spätestens Ende 2025 einen flächendeckenden Datensatz zu erreichen.
Wichtig zu wissen: Einige Versorgungssysteme sind (noch) nicht integriert, darunter etwa die Beamtenversorgung sowie berufsständische Versorgungswerke für Ärzte, Rechtsanwälte oder Architekten. Auch diese Gruppen sollen langfristig eingebunden werden, derzeit besteht aber noch keine gesetzliche Verpflichtung dazu.
Grenzen und Herausforderungen
So groß die Vorteile der Digitalen Rentenübersicht auch sind – es gibt Grenzen, die man kennen sollte.
Zunächst bezieht sich die Übersicht ausschließlich auf institutionalisierte Altersvorsorgeformen. Wer beispielsweise auf ETFs, Immobilien oder private Wertpapierdepots setzt, wird diese Anlagen nicht in der Plattform wiederfinden. Auch Erbschaften, Selbstständigenvermögen oder Auslandspensionen fließen nicht in die Übersicht ein.
Ein weiteres Problem betrifft die Darstellung der Zahlen: Die prognostizierten Rentenwerte werden nominal angegeben, also in heutigen Geldbeträgen – eine Inflationsbereinigung findet nicht statt. Wer die Kaufkraft der Rente in 20 oder 30 Jahren abschätzen will, muss selbst kalkulieren, wie viel diese Beträge dann noch wert sein könnten.
Zudem wird derzeit noch keine Gesamtbewertung geliefert – etwa im Sinne eines „Vorsorgebarometers“, das automatisch erkennt, ob eine Versorgungslücke besteht. Auch eine Integration mit gängigen Haushalts- oder Finanzplanungsprogrammen gibt es bislang nicht. Dies könnte jedoch künftig Bestandteil von Weiterentwicklungen sein.
Nicht zuletzt steht die digitale Barrierefreiheit in der Kritik: Ältere Menschen oder Menschen ohne ausreichende Digitalkompetenz könnten Schwierigkeiten bei der Nutzung haben – insbesondere, wenn sie keinen Online-Ausweis oder ein passendes Smartphone besitzen.
Fazit und Ausblick
Die Digitale Rentenübersicht ist ein Meilenstein für die Altersvorsorge in Deutschland. Sie bietet eine zentrale, verständliche und kostenlose Möglichkeit, sich einen Überblick über alle relevanten Rentenansprüche zu verschaffen – ein Angebot, das in Zeiten wachsender Eigenverantwortung und sinkender gesetzlicher Rentenniveaus dringend nötig ist.
Trotz technischer Anlaufprobleme und gewisser Einschränkungen ist der Start gelungen. Mit jeder neuen angebundenen Vorsorgeeinrichtung wird die Plattform wertvoller – und kann zunehmend als Grundlage für eine fundierte Altersvorsorgeberatung dienen.
Für die Zukunft ist zu erwarten, dass die Digitale Rentenübersicht weiter ausgebaut wird: Die Einbindung weiterer Systeme, eine genauere Prognosefunktion, Schnittstellen zu Finanz-Apps und möglicherweise eine integrierte Ruhestandsplanung könnten folgen.
Bis dahin lohnt sich für alle Bürgerinnen und Bürger: Einloggen, Überblick verschaffen – und die eigene Altersvorsorge selbst in die Hand nehmen.